"Multimedia ist die Zukunft"
Die Handy-Branche setzt für die Zukunft auf die neuen Multimedia-Dienste.
Netzwerkbetreiber, Inhalte-Anbieter und Gerätehersteller hoffen auf steigende Umsätze durch den Versand von Bildern, Musik und Informationsdiensten. "Ich habe keinen Zweifel, dass sich mit bezahlten Inhalten über das Mobiltelefon gute Gewinne erzielen lassen", sagt Thomas Künster von der Technologieberatung Booz Allen Hamilton Deutschland auf der Multimedia-Messe Milia in Cannes. Wer dabei das Rennen machen wird, stehe aber noch lange nicht fest.
"In diesem schnell wachsenden Markt des mobilen Entertainments gibt es schon jetzt viele Beispiele erfolgreicher Geschäftsmodelle", betont Künster. Immerhin würden allein in Großbritannien monatlich rund 3,4 Millionen Nutzer ihre Klingeltöne wechseln. In den USA und Europa würden schon jetzt rund 50 Millionen Spiele-Transaktionen über das Handy verzeichnet, bei denen die Nutzer Software herunterluden oder gegeneinander antraten.
Drei Szenarien Künster sieht im wesentlichen drei Szenarien, in denen jeweils die Inhalte-Anbieter, Netzwerkbetreiber oder die Gerätehersteller als "Torwächter" die gesamte Wertschöpfungskette dominieren könnten. Das von Booz Allen Hamilton entworfene vierte Szenario "Microsoft wins" (Microsoft gewinnt) will zumindest Domenika Dinkheller von der Siemens AG nicht glauben. "Ich sehe für Microsoft - jedenfalls in den nächsten Jahren - keine Chance auf dem Handy-Markt", sagt Dinkheller, die bei dem Elektronikkonzern für Inhalte verantwortlich ist, die auf dem Handy vorinstalliert werden.
In einem der Szenarien könnten etwa die Handy-Hersteller mit vorinstallierten Inhalten den Markt dominieren, sagt Künster. Ein Beispiel dafür wäre das von Nokia geplante Spiele-Handy "N-Gage", das dem Gameboy sehr ähnlich ist. Viele Anwendungen wären auf dem Gerät fest integriert und könnten auch offline genutzt werden. Die Netzwerkbetreiber gingen dabei leer aus.
Prognose 2006: Über zwölf Milliarden MMS verschickt Allein in Europa gibt es zur Zeit 240 Millionen aktive Handys. Nach Prognosen des Marktforschungsunternehmens Gartner sollen allein in Westeuropa im Jahr 2006 über zwölf Milliarden Multimedia-Nachrichten verschickt. "Viele Anbieter würden mobile Dienste gern in ihre Wertschöpfungskette einbinden", sagt Robert Tercek GDC Mobile.
So buhlen auch Unternehmen der Unterhaltungsindustrie wie Disney, Bertelsmann oder Sony um den mobilen Entertainment-Markt. Sie könnten die Preise diktieren und sich exklusive Netzwerk-Betreiber aussuchen. Eine Partnerschaft wäre auch mit Handy-Herstellern möglich. Dieses Szenario würde alle Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette in einen starken Wettbewerb um die besten Inhalte ziehen.
Wenn die Netzwerk-Unternehmen das Rennen machten, würden sie sowohl das UMTS-Netz als auch die drahtlosen Internetzugänge (Hotspots) kontrollieren. Eine Partnerschaften mit den Inhalte-Anbietern würde voraussichtlich sehr eng sein und Exklusivität der Inhalte erfordern. Der Netzwerkbetreiber könnte unter diesen Umständen die gesamte Wertschöpfungskette unter seinen Fittichen behalten.
Erfolg von "Vodafone live" Ein Beispiel für dieses Szenario ist der Erfolg des Multimedia-Dienstes "Vodafone Live", mit dem unter anderem Bilder und Töne verschickt und Informationsdienste abonniert werden können. In den vergangenen neun Monaten verwies Vodafone mit dem neuen Dienst den Konkurrenten i-mode in Europa gleich auf den zweiten Platz. In nur 35 Wochen hätten eine Million Abonnenten einen Vertrag mit "Vodafone Live" abgeschlossen. "Mit der richtigen Ausrichtung auf den Kunden lassen sich bereits jetzt gute Umsätze mit neuen Inhalten erzielen", zeigt sich Guy Laurence, CEO von Vodafone Global Content Service, zuversichtlich.
Bei den Geräten setzt "Vodafone Life" auf die Partnerschaft mit den Herstellern Nokia, Panasonic und Sharp. Dem Unternehmen war jedoch wichtig, bei der Navigation die Kontrolle zu behalten. Die Bedienungsoberfläche ist auf den Handys aller Hersteller gleich, Inhalte-Partner müssen sich der Navigation anpassen.
"Mit WAP nie erreicht" Michel Guillemot von dem französischen Spiele-Entwickler Gameloft wertet die Entwicklung positiv. "'Vodafone Live' hat das Business wirklich angekurbelt. Also ist klar, wir teilen den Gewinn, den wir mit WAP nie erreicht hätten." Letztlich glaubt Guillemot jedoch, dass sich keines der drei Szenarien allein durchsetzen wird: "Wir müssen alle kooperieren, wenn das Geschäft laufen soll. Und am Ende wird doch der Kunde entscheiden, welche Dienste er annimmt."
dpa 28.03.03, 11:22 Uhr
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